
Eine kurze Darstellung der Entwicklung des Judo

Judo ist nicht ausschließlich ein Weg der Leibesertüchtigung, sondern darüber hinaus auch eine Philosophie zur Persönlichkeitsentwicklung. Zwei philosophische Grundprinzipien liegen dem Judo im Wesentlichen zugrunde. Zum einen das gegenseitige Helfen und Verstehen zum beiderseitigen Fortschritt und Wohlergehen (jita-kyoei) und zum anderen der bestmögliche Einsatz von Körper und Geist (sei-ryoku-zenyo).
Ziel ist es, diese Prinzipien als eine Haltung in sich zu tragen und auf der Judomatte (Tatami) bewusst in jeder Bewegung zum Ausdruck zu bringen. Ein Judo-Meister hört demnach niemals auf, Judo zu praktizieren, auch wenn er nicht im D?j? (Trainingshalle) ist. Die drei Säulen des Kodokan-Judo sind Kata, Randori und Shiai.
Die ersten Anfänge in Österreich
© Erwin Schön
Judo war in Österreich um die Jahrhundertwende bereits bekannt. Damals wurde es noch Ju-Jitsu oder Jiu-Jitsu genannt. Auf Grund der Tatsache, daß zu diesem Zeitpunkt noch keine japanischen Lehrer in Österreich tätig waren, war der Kampfstil eher eine Mischung zwischen dem bekannten Ringen, Boxen und einigen Verteidigungsgriffen. Der erste namentlich feststellbare Vertreter in Österreich war der damals populäre Ringer Hans Köck. Er hielt sich um 1900 in England auf, wo zu diesem Zeitpunkt die bekannten Kodokan-Jünger Yukio Tani (ab 1899) und Sadukasu Ueynishi (ab 1900) lehrten. Von England wieder in seine Heimat zurückgekehrt führte er Ju-Jitsu, oder Jiu-do wie es damals bezeichnet wurde, beim Wiener Athletiksport-Club (WAC) ein. Im Jahre 1905 führte er sogar eine Demonstration dieser Kunst bei der Wiener Polizei vor. Einer seiner Schüler war der ebenfalls bekannt Ringer Henry Baur. Baur übernahm nach dem Tod von Köck die Sektion Schwerathletik beim WAC und führte bis 1926 auch das Ju-Jitsu weiter. Bekannte Schüler von Henry Baur waren der Polizei-Revierinspektor Josef Diwischek, Otto Pürtner und Leopold Wunsch. Diwischek lehrte Ju-Jitsu bei der Wiener Sicherheitswache. Sein populärster Schüler war Prof. Franz Rautek, der auch durch seine Griffe in der Ersten Hilfe bekannt wurde. Auch in den Bundesländern war diese Kampfkunst bereits bekannt. Ein gewisser Rumanob unterrichtete 1912 die Linzer Polizei in dieser Disziplin. Der Erste Weltkrieg unterbrach jedoch die vielversprechende Arbeit dieser ersten Pioniere.
Erste Blüte und der Besuch von Prof. Kano
In den 20er Jahren kam es schließlich zur ersten Blütezeit. Franz Sager , er nannte sich mit Künstlernamen „Europäischer Meister Willy Curly”, gründete 1919 im 4. Wiener Gemeindebezirk die erste selbständige Ju-Jitsu-Schule in Österreich. Unterstützt wurde er von seinem Schwager Heinz Kowalski und seinen beiden Assistenten Karl Jahn und Charles Winter. Leopold Wunsch gründete 1924 die erste Ju-Jitsu-Sektion beim Sportverein der Wiener Verkehrsbetriebe. Er betreute auch den „Arbeiter Jiu-Jitsu- und Boxverein” in Wien, wo 1928 Franz Nimführ sein Schüler war. Als sich die Schule von Willy Curly in Wien 1., Wollzeile 15, befand, wurden Ing. Ottokar Klimek und Edmund Gabriel Mitglied. Diese beiden Pioniere und weitere Mitglieder der Schule Curly gründeten 1928 den „1. Österreichischen Jiu-Jitsu-Klub (1. ÖJJK)” in Wien 2., Taborstraße 1-3. Es war diese Schule, in der 1933 der Begründer des Judo, Prof. Jigoro Kano bei seinem Aufenthalt in der Bundeshauptstadt mit seinen beiden Assistenten M. Takasaki und Sumiyuki Kotani, eine eindrucksvolle Vorführung seiner Sportart bot. Prof. Kano demonstrierte auch bei der Wiener Polizei in der Marokkaner-Kaserne seine Methode der Körpererziehung. Anschließend fuhr Prof. Kano von Wien nach München, wo er ebenfalls sein Judo vorführte. Ing. Ottokar Klimek besuchte auch diesen Lehrgang und erhielt, in Anerkennung seines technischen Könnens auf Anhieb den 2. Dan verliehen. Er war somit der erste Dan-Träger in Österreich. Beeindruckt durch diese Darbietungen gab es nun in ganz Österreich, ja in ganz Europa, eine verstärkte Ausrichtung zum Kodokan-Judo. Prof. Kano besuchte 1934 abermals Wien und setzte hierbei weitere Impulse für die Entwicklung in Österreich.